American Splendor

Bio-Pic über den Underground-Comictexter Harvey Pekar: Pekar (Paul Giamatti) ist ein zutiefst unzufriedener Jedermann mittleren Alters aus Cleveland, Ohio. Ständig mit dem Leben an sich und seinem im Besonderen hadernd, hat er bereits zwei gescheiterte Ehen hinter sich und arbeitet sich durch einen langweiligen Job als Angestellter im Krankenhausarchiv. Angeregt durch die Bekanntschaft mit Robert Crumb in den 70ern, aber unfähig, auch nur einen Pinselstrich zu zeichnen, fängt er in den 80ern an, seine Alltagserlebnisse und zutiefst schräg-normalen Gedanken aufzuschreiben und diese von Bekannten wie Crumb aufzeichnen zu lassen. Der Titel des Comics: American Splendor. Die Bücher werden ein Hit, obwohl der von seinen Ängsten und Spleens gebeutelte Pekar seinem Alltagsleben treu bleibt. Bis die ebenfalls vom Leben nicht verwöhnte Joyce (Hope Davis) mit ihm Kontakt aufnimmt, der Anfang einer seltsamen Ehe und einer noch spröderen Liebesgeschichte… (Quelle: ofdb.de)

Kritik

Hört man im ersten Moment Comicverfilmung, läßt einen das eher kalt und man denkt an Superhelden, Bösewichte und eine Menge Action. Aber es gibt auch andere Comics. Subversive Comics. Eine Art die Realität in persiflierter, skurriler, sarkastischer und provozierender Form darzustellen. Das was allgemein als Underground (-Kultur) bekannt ist. Diesem Metier nahm sich das Ehepaar Shari Springer Berman und Robert Pulcini an und drehten einen Film, über den stillen Helden Harvey Pekar. Er schuf die Comicreihe American Splendor und verarbeitete dort sein Leben (noch immer).

Sein wahrlich eher müßiges, langweiliges und trostlos-trauriges Leben -mit einer gewissen Portion Komik versetzt. Aber, das scheint in Ordnung zu gehen, betrachtet man den Film und erkennt, daß Harvey Pekar nicht anders leben kann und trotzdem die Geselligkeit am Leben nicht verloren hat.
Was das identifizieren mit den Figuren leichter macht, ist die Verschmelzung aus Dokumentation, Comic, Biographie, Unterhaltung, Komödie, Drama und Tragödie. Diese Art des Filmstils ist keineswegs für den Zuschauer verwirrend oder gar ablenkend. Er öffnet vielmehr die Tore zu einer neuen Art der Unterhaltung. So wie die Avantgarde-Filme, oder der Film-Noir der Novelle-Vague ist dieser Stil ungewöhnlich aber gut: Mal spricht der echte Harvey Pekar und geht mit den Verantwortlichen das Drehbuch durch und gibt Auskunft in Interviews. Mal bekommt man einen Comic im Film zu sehen. Mal interagieren Comicfigur und Schauspielfigur. Mal interagieren die realen Figuren mit den Schauspielfiguren (wenn zum Beispiel Harvey Pekar und Toby Radloff im Vordergrund stehen und die Schauspieler Paul Giamatti und Judah Friedlander im Hintergrund sitzen). Zu dem filmischen Stil passen auch die gewürzten und amüsanten Dialoge, die das ganze noch authentischer und damit auch sympathischer machen. Parallelen kommen zu der Independent-Produktion von Terry Zwigoff auf. Auch dieser Regisseur setzte einen Comic um, verzichtete aber anders als in diesem Fall auf den Variantenreichtum, der American Splendor zweifelsohne aufzuzeigen vermag. Natürlich ist Terry Zwigoff’s Ghost World eine ebenso sehr gute Comicverfilmung, doch was bei Ghost World noch zu dem Quentchen Perfektion fehlte, mag man bei American Splendor finden.

Und auch die schön gegliederte Handlung, läßt keine Verwirrung offen, sondern führt den Zuschauer wie an einer Leine durch den ganzen Film hindurch. Dazu paßt ebenfalls die Länge des Films.Denn Independent-Produktionen neigen manchmal dazu, ein minimal-neunzigminütiges Zelluloid zu präsentieren, wo man zwar sagen kann, daß man ein echtes und gelungenes Filmerlebnis hatte, man sich aber immer ein bißchen aufregen kann, daß der Film zu kurz gewesen ist. Vielleicht mag in diesem Fall ein Ehepaar als Regie-Duo ein mehr an Horizont und Einfallsreichtum (ähnlich zu sehen wie bei den Coen-Brüdern) hervorbringen, und so die Vorraussetzung in gewisser Weise vorhanden ist, den Film auf eine gerechte Länge zu trimmen. Ein einzelner Regisseur hätte vielleicht aus diesem Stoff, wie schon angesprochen einen etwas kürzeren Film gedreht.

Normalerweise, sticht bei Independent-Produktionen das Sujet heraus und die schauspielerischen Leistungen (weil meist Laiendarsteller engagiert werden, um das Budget nicht unnötig belasten zu müssen) treten in den Hintergrund und beschränken sich auf das Minimum. Aber nicht hier. Paul Giamatti brilliert und kommt den realen Harvey Pekar auf erschreckender Weise in seiner Schauspielerei sehr nahe. Ob die Haltung, die Sprechweise, die Mimik, die Statur etc. Auch wenn vom echten Harvey Pekar im Film gesagt wird, daß der Schauspieler, der ihn dort spielt, so gar nicht ihm ähnlich sehen würde. Aber das darf man nicht so wörtlich nehmen, denn Harvey Pekar ist nämlich ein sehr negativer Mensch, wie im Film wunderbar zu beobachten ist. Aber nicht nur Paul Giamatti ist es hervorragend gelungen die Figur, die man spielt, gut darzustellen. Noch zu nennen wäre auf jeden Fall, Hope Davis als Joyce Brabner, die eine herrlich kauzig-schrille und von allen möglichen Krankheiten belastete Frau spielt, die aber dennoch mit Paul Giamatti einen herrlichen Kontrast bildet, weil sie zwar anders ist als er (was zum Beispiel die Lebenshaltung und Lebenseinstellung angeht), aber in einer gewissen Weise doch zu dem Typ des Harvey Pekar zu passen scheint. Auch Judah Friedlander kann das Bild des vom Außenseitertum geprägten Toby Radloff auf realistische Weise wiedergeben. Als kompositorische Ergänzung ist auch James Urbaniak als Robert Crumb (witzig ist, daß schon Terry Zwigoff der schon erwähnt wurde einen Film über Crumb gedreht hat, wo man eine gewisse Parallele mit American Splendor aufweisen kann) zu dem Personenkarussell hinzuzufügen, der zwar nicht so heraussticht wie die eben schon genannten, aber doch ohne seine Person etwas im Film verloren geht (zumal man nicht drum rum kommt Robert Crumb in den Film einzubauen).

Fazit

Betrachtet man das Ganze, so ist American Splendor ein Film für Jedermann, trotzdem hält er den Anspruch, nicht ein allgemeiner Film zu sein. Es ist halt kein normaler Film, aber einer wo man lachen, schmunzeln, hoffen, ein wenig trauern und mitleiden kann. Ein Film abseits von Unrealismus und Verwegentum, wo alles nur Friede Freude Eierkuchen ist. Er zeigt uns das was wir sehen können, überall, ob in Cleveland oder woanders wo. Er schönt nicht und albert rum, sondern kann auch trotz der eher subjektiven Umsetzung, die Objektivität auf unsere Gesellschaft wahren. Ein kleines großes Meisterwerk.

Bewertung: 8.1 von 10